Samstag, Dezember 19, 2009

Auschwitz: "Arbeit macht frei"-Schriftzug gestohlen

Der nationalsozialistische Lügenspruch über dem Konzentrationslager-Tor wurde in der Nacht zum gestrigen Freitag gestohlen. Die installierten Videokameras haben den Diebstahl nicht aufgezeichnet. Technische Panne? Die politisch Verantwortlichen blieben bislang Erklärungen schuldig, befassen sich zumindest öffentlich noch nicht einmal mit dieser Frage. So ist es kein Wunder, dass solche Taten passieren. - Vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung beschlossen, dass für den Erhalt der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau 60 Mio.€ zur Verfügung gestellt werden. Es ist zu hoffen, dass sich solch Dilettantismus in der Bewachung der Gedenkstätte nicht wiederholt.
-msr-
Nachtrag v. 21.12.2009: Der entwendete Schriftzug wurde zwischenzeitlich sichergestellt, fünf mutmaßliche Täter verhaftet.

Donnerstag, August 27, 2009

Falsche Aussagen von FPÖ-Landesrat Egger über Loewy

Hohenems (Österreich), 27.08.2009 – Der leicht als antisemitisch zu verstehende und unwahre „Exiljuden“-Sager des Vorarlberger Landesrats und FPÖ-Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl, Dieter Egger, kann die Partei nach 35 Jahren die bisher meist freiwillig gewährte Regierungsbeteiligung kosten.
Das Plakat und die Kritik
Im Zuge des Wahlkampfes zur Landtagswahl 2009 verwendet die FPÖ Plakate mit dem Slogan: „FPÖ: Elterngeld für heimische Familien. Dieter Egger“. Sie will damit laut Eggers Aussage die heimische Geburtenrate steigern, „nicht länger dabei zuschauen, dass wir aussterben und andere Mehrheiten heranwachsen“, und verhindern, dass das in einer nicht näher bezeichneten Studie angegebene Szenario eintritt, wonach im Jahre 2050 die Hälfte der Vorarlberger Kinder muslimisch sein sollen. Das Konzept dazu wurde im April vorgestellt, und der Slogan ist auch Titel einer von der FPÖ gestarteten Unterschriftenaktion, die als Druckmittel gegenüber der ÖVP dienen soll.
Dieses Plakat veranlasste Hanno Loewy, Obmann des Jüdischen Museum Hohenems, und sein Team am 12. August zu einem offenen Brief mit der Frage, was denn nun mit heimisch und nicht-heimisch gemeint sei. Und weiters, welche Personengruppen die FPÖ konkret von bestimmten Sozialleistungen ausschließen will, obwohl sie möglicherweise bereits lange legal hier leben und Steuern zahlen. Es wurde dazu eine Checkliste an unkonventionellen Beispielen angeführt. Auch meinte er: „Einheimisch kann man sein – heimisch kann man sich doch allenfalls fühlen.“
Egger erklärte am darauffolgenden Abend bei einer Live-Diskussion im Rahmen der Sendung Vorarlberg heute, dass für das Elterngeld dieselben Regeln wie beim Landes-Familienzuschuss gelten sollten. Also wären neben Österreichern auch in Vorarlberg hauptgemeldete Bürger des Europäischen Wirtschaftsraums, damit auch alle EU-Bürger, sowie Bürger der Schweiz bezugsberechtigt. Die FPÖ wirbt auf ihren Plakaten auch mit den Slogans „Schluss mit falscher Toleranz“, „Deutsch ist Pflicht“ sowie „Keine türkischen Dolmetscher“ [Anm.: an Krankenhäusern].
Die ÖVP kritisierte, dass die Forderungen der FPÖ unfinanzierbar seien. Von Reportern im Zuge der Pressekonferenz zur Bilanz der international besetzten Bregenzer Festspiele 2009 angesprochen, kritisierten auch der Brite David Pountney als Festspiel-Intendant und der Österreicher Günter Rhomberg als Festspiel-Präsident die Plakate der FPÖ scharf. Heuer stand die Oper Aida im Mittelpunkt, bei der es auch um Werte wie Toleranz, Freiheit und Offenheit geht. Harald Walser, Bildungssprecher der Vorarlberger Grünen, sagte, dies mache deutlich, welchen Schaden die FPÖ inzwischen dem Wirtschafts- und Kulturstandort Vorarlberg zufüge.
Der „Exil-Jude“ und direkte Reaktionen
Bei der Veranstaltung zum offiziellen Wahlkampfauftakt am 21. August 2009 in Hohenems, welcher von der Werbeagentur von Christoph Blocher insziniert wurde, bezeichnete Egger Loewy als „den Exil-Juden aus Amerika in seinem hochsubventionierten Museum“. Ihn gehe die Innenpolitik ebenso wenig etwas an wie Pountney. Loewy ist in Deutschland geboren, hat dort studiert und gearbeitet und lebt seit fünf Jahren in Hohenems. Egger und Loewy haben sich dort auch schon mehrmals persönlich getroffen.
Loewy stört an der Aussage primär, dass sie schlicht und einfach falsch ist, als beleidigend empfindet er sie weniger. Nebenbei schwingt mit dem Verweis auf die angeblich hohen Subventionen das antisemitische Ostküsten-Stereotyp mit. Wegen Beleidigung wird er wahrscheinlich nicht klagen. „Die Justiz beschäftigt sich doch nicht mit Absurditäten.“ Der Streit müsse politisch geklärt werden und nicht vor Gerichten. Er habe Egger „eigentlich für schlauer gehalten“. Aber der Sager bedeute auch eine Klarstellung dessen, was Egger unter „heimisch“ verstehe: „Ganz offenkundig nicht EU-Bürger wie Festspiel-Intendant David Pountney und hergelaufene Juden wie mich.“
Der regierende Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) verlangte von Egger die Rücknahme seines Sagers. Als Egger dies ablehnte, kündigte Sausgruber an, die FPÖ nach 35 Jahren erstmals nicht an der Regierung beteiligen zu wollen. „Egger hat seine Chance zur Korrektur seiner Aussage nicht wahrgenommen, demnach werden wir nicht gemeinsam auf der Regierungsbank sitzen.“ Egger wiederum will sich nicht von der ÖVP mit einer Regierungsbeteiligung erpressen lassen. Und über seine Worte meint er: „Er ist ein Jude, das ist nichts Anrüchiges, genauso wie Christen Christen sind und Moslems Moslems sind, ist er ein Jude, damit unterstelle ich überhaupt nichts.“ Es sei doch „nichts Anrüchiges, ein Jude zu sein.“
Weitere Kritik der anderen Parteien
Der Vorarlberger SPÖ-Vorsitzende Michael Ritsch erklärte Eggers Aussagen seinen angesichts der Tatsachen einerseits eine „bewusste Lüge“ und zum anderen „unglaubliche antisemitische Entgleisung von einem Landesrat“. Der Sprecher der Vorarlberger Grünen, Johannes Rauch, erklärte, dass die FPÖ mit Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit Politik mache. „Den Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems, Hanno Loewy, als ‚Exil-Juden aus Amerika in seinem hochsubventionierten Museum‘ zu diffamieren und dem Intendanten der Bregenzer Festspiele die Berechtigung zur Kritik an den Wahlplakaten der FPÖ abzusprechen, überschreitet jede Grenze.“ BZÖ-Landesparteiobmann Christoph Hagen erklärt, dass ohne Rücksicht auf Anstand und Menschenwürde jedes Mal vor Wahlen von der FPÖ versucht werde, mit widerlichen antisemitischen rechtsextremen Wortmeldungen zu polarisieren. „Wir brauchen in Vorarlberg keine Hetze, egal ob von rechts oder links.“
Fritz Kaltenegger, (Bundes-)Generalsekretär der ÖVP, erklärte, dass Eggers Wortwahl „absolut inakzeptabel“ und auf das Schärfste zurückzuweisen sei. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) meinte, dass die Aussage niemals als Kavaliersdelikt zu sehen sei. Auch sei er froh darüber, dass die Vorarlberber Politik „so geschlossen“ reagiert habe. Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) schloss sich der Kritik Faymanns an und hielt die Vorgehensweise Sausgrubers für den richtigen Weg.
Reaktionen der FPÖ
Aus der eigenen Partei kommt nur vom scheidenden FP-Klubobmann im Vorarlberger Landtag, Fritz Amann, leichte Kritik. Er hält den Ausspruch für verbal überzogen, Egger habe sich sicherlich verbal jenseits der Grenzen bewegt. Dadurch, dass er eine Entschuldigung verweigere, entstehe riesengroßer Schaden, weil die Vorarlberger FPÖ in die braune Suppe geworfen werde und weil die Partei durch die Oppositionsrolle geschädigt werden könne. Er kritisierte aber auch die Reaktion der ÖVP, welche nicht zwischen Wahlkampf- und Regierungszeiten unterscheiden könne. Der Landtagsabgeordnete und Ex-Klubobmann Ernst Hagen sieht keinen Grund, den Satz zurückzunehmen oder sich zu entschuldigen. „Die Äußerung war nicht antisemitisch gemeint, Egger hat mit braunem Gedankengut nichts zu tun.“ Der Lustenauer Bürgermeister und ehemalige FPÖ-Landesparteichef Hans-Dieter Grabher spricht von einer „Bagatellsache“. „Es war pointiert formuliert, das muss man im Wahlkampf verkraften.“ Er vermutet hinter der nach seiner Sicht übereilten und unverständlichen Reaktion des Landehauptmanns eine gewisse Nervosität in der ÖVP. Er verweist am 24. August darauf, dass seit sieben Uhr Parteisitzung ist und seither unwahrscheinlich viel Zuspruch gekommen ist. Die Telefone liefen heiß, „aber ich habe noch keine einzige Stimme gehört, nach der Egger den Bogen überspannt hat.“
Herbert Kickl, Generalsekretär der FPÖ, unterstützt Egger. Dieser habe nur Einmischungen von außen zurückgewiesen, und dabei sei es „völlig egal, woher dieser Museumsdirektor herkommt“. Der Vorwurf, dass die Aussagen antisemitisch interpretierbar seien, sei „lächerlich“. FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache meint: „Es kann nicht sein, dass permanent nicht-österreichische Staatsbürger sich in unsere innenpolitischen Angelegenheiten einmischen. Das ist von Dieter Egger zurückgewiesen worden. Da lässt er sich auch nicht den Mund verbieten.“ Auch ist er der Auffassung, dass „Exiljude“ „jedenfalls kein Schimpfwort“ ist; es sei vollkommen egal, welche religiöse Einstellung jemand habe.
Justiz, Kommentare und Reaktionen
Die Staatsanwaltschaft Feldkirch prüft, ob es sich um den Tatbestand der Verhetzung nach § 283 des österreichischen Strafgesetzbuches oder nach dem Verbotsgesetz handelt. Das Justizministerium sieht den Tatbestand der Verhetzung nicht gegeben, da die Aussage nicht gegen eine ganze Volksgruppe, sondern nur gegen eine einzelne Person gerichtet war. Die Staatsanwaltschaft will auch noch die angekündigte Anzeige von Bernhard Amann abwarten. Er ist Sohn des ehemaligen ÖVP-Bürgermeisters von Hohenems und Spitzenkandidat der zum dritten Mal bei der Landtagswahl antretenden Liste VAU-HEUTE. Er ist der Meinung, dass mit der Aussage auch Juden insgesamt als geldgierig gekennzeichnet werden sollten.
Der Politologe Peter Filzmaier wirft Egger einen „demokratiepolitischen Tabubruch“ vor und vermutet hinter der Aussage die Absicht, die eigenen Kernschichten zu mobilisieren, da die Landtagswahl nicht von Wechselwählern entschieden werde. Die ÖVP wird vermutlich – wie immer seit 1945 – die Landtagswahlen gewinnen. Der in Österreich lebende Schweizer Korrespondent Bernhard Odehnal schreibt im Tagesanzeiger (auch übernommen von der Basler Zeitung): „Die FPÖ hat ihre kostenlose Wahlwerbung bekommen und zieht sich nun, wie immer, in die Rolle des beleidigten Opfers zurück. […] Neu ist diesmal, dass der Wahlkampf von der Schweiz aus gemanagt wird: Für Werbung und Rhetorikseminare engagierte die Vorarlberger FPÖ die Dübendorfer PR-Firma Goal. Deren Geschäftsführer Alexander Segert gestaltet seit vielen Jahren die Kampagnen der SVP und ist für so ziemlich alle auffälligen Werbesujets der Blocher-Partei verantwortlich.“
Der Stadtrat von Hohenems, wo ein Viertel der Bewohner Zuwanderer sind, verabschiedete als Reaktion am 25. August eine Erklärung gegen Antisemitismus und Rassismus. Die vier FPÖ-Mandatare verließen vor der Abstimmung aus Protest den Sitzungssaal. Eine Gesellschaftspolitische Plattform der katholischen Kirche in Vorarlberg veröffentlichte am selben Tag die Stellungnahme „So nicht!“, die unter anderem vom Feldkircher Pastoralamtsleiter Walter Schmolly und von Caritas-Direktor Peter Klinger unterzeichnet wurde. Sie richtet sich gegen die „indiskutablen Entgleisungen“ von Egger sowie gegen Zeitungsinserate der FPÖ vom 24. August, in der mit „unzulässig verallgemeinernden und deshalb falschen Behauptungen“ vor einem starken Anstieg der muslimischen Bevölkerung in Vorarlberg gewarnt wird und welche ein Bild mit von hinten in einer fremden Landschaft fotografierten Kopftuchträgerinnen enthielt. „In einer Wahlauseinandersetzung darf und muss man zuspitzen, wer aber durch pauschale Diffamierungen Ängste und Abneigungen gegen eine Gruppe von Menschen schürt, der hat die Grenze des Tolerierbaren überschritten.“ Der Vizebundesobmann der FPÖ, Norbert Hofer, wies die Kritik zurück und sieht darin möglicherweise „eine rein parteipolitisch motivierte Aktion unter dem Deckmantel religiöser Werte“. Hofer betonte, dass seine Partei sich auch für das ungeborene Leben einsetze, welches wohl das wichtigste Anliegen von Christen in Österreich sei.
Der Vorarlberger Schriftsteller Michael Köhlmeier kritisierte Egger scharf: „Ein Mann, der so etwas sagt, ist für alle Zeiten diskreditiert. Der Mann ist erledigt.“ Ihm tue die Aussage auch deshalb weh, „weil Hanno Loewy so viel für diese Stadt getan hat.“
Fußnoten siehe >> Wikinews

Freitag, Februar 27, 2009

Holocaust-Leugner Williamson äußert Bedauern – Vatikan weist Erklärung als „unzureichend“ zurück

London (Vereinigtes Königreich) / Vatikanstadt, 27.02.2009 – Der wegen seiner den Holocaust leugnenden Äußerungen weltweit in die Kritik geratene Bischof der konservativen Priesterbruderschaft St. Pius X., Richard Williamson, gab am Donnerstag eine Erklärung ab, in der er seine Äußerungen bedauerte. Das meldete gestern eine katholische Nachrichtenagentur in Italien. Unklar bleibt, ob Williamson weiter den Holocaust leugnet. Der Vatikan wies die Erklärung Williamsons inzwischen als unzureichend zurück. Der Brief Williamsons erfülle „nicht die Bedingungen, die das vatikanische Staatssekretariat gestellt hat“, erklärte der Pressesprecher des Vatikans, Pater Federico Lombardi. Die Erklärung Williamsons sei auch weder an den Papst noch an die päpstliche Kommission Ecclesia Dei gerichtet gewesen. Diese Kommission hatte in den letzten Jahrzehnten die Verhandlungen mit der Pius-Bruderschaft geführt.
Der Vatikan hatte von Williamson einen „absolut unmissverständlichen und öffentlichen Widerruf“ seiner Leugnung des Holocaust gefordert. Williamson hatte am 1. November 2008 in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen die Größenordnung des Massenmordes an den Juden im nationalsozialistischen Deutschland angezweifelt und die Existenz von Gaskammern abgestritten. Bisher hatte sich Williamson geweigert, die Äußerungen zu widerrufen, wie es der Papst von ihm gefordert hatte. Auch die Pius-Bruderschaft hatte sich von Williamson distanziert und ihm die Leitung des Priesterseminars bei Buenos Aires entzogen. Die Aufhebung der Exkommunikation Williamsons durch Papst Benedikt XVI. zusammen mit der entsprechenden Aufhebungsverfügung für drei andere Bischöfe der Bruderschaft Ende Januar hatte international Aufsehen erregt und Verwunderung und Kritik hervorgerufen.
Eine deutsche Übersetzung der Williamson-Erklärung wurde von der katholischen Nachrichtenagentur kath.net verbreitet. Laut dieser Erklärung bedauert Williamson, die Äußerungen gemacht zu haben, und fügt hinzu, er hätte diese Meinungsäußerung vermieden, wenn er „im Vorhinein um den ganzen Schaden und den Schmerz gewusst hätte, die diese verursachen würden, besonders der Kirche, aber ebenso den Überlebenden und den Verwandten der Opfer der Ungerechtigkeit unter dem Dritten Reich“. Es habe sich dabei um die Meinung eines „Nicht-Historikers“ gehandelt, die er sich „vor 20 Jahren auf Grundlage der damals verfügbaren Beweise“ gebildet habe. Welche Auffassung Williamson selbst nun zum Holocaust hat, bleibt offen; ausdrücklich widerrufen hat er die Holocaustleugnung nicht. Kurienkardinal Walter Kasper nannte die Entschuldigung „billig“ und verlangte den Widerruf der Holocaust-Leugnung.[1] Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hält die Erklärung Williamsons für ungenügend; die Entschuldigung sei „in keiner Weise befriedigend“, sagte ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer dem Berliner „Tagesspiegel“.[2] In dem Bericht sagte Meyer ferner, von Williamson abgesehen bleibe der Kern des Problems bestehen: die antijudaistischen Tendenzen in der Piusbruderschaft, die solchen Äußerungen Vorschub leisteten.[3] Ähnlich äußerte sich der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer; er forderte Williamsons auf, die Holocaustlegung unmissverständlich zu widerrufen, und wies darauf hin, dass Williamson mit seinem Antijudaismus nicht allein sei, die gesamte Piusbruderschaft verträte eine antijudaistische Haltung.[4] So ist zum Beispiel der Distrikt-Obere der deutschen Pius-Brüder, Franz Schmidberger, dadurch aufgefallen, dass er in einem Brief an katholische Bischöfe klagte: „Wir sehen mit Trauer Papst Johannes Paul II. und nun auch Papst Benedikt XVI. in eine jüdische Synagoge gehen.“[5] Der in Frankreich durch zahlreiche Medienauftritte bekannte Piusbruder Abt Philippe Laguérie verteidigte Äußerungen des rechtsextremen Politikers Le Pens zum Holocaust mit den Worten, dieser sei ein Opfer des „jüdischen Finanzkapitals“, das Frankreich seit 45 Jahren tyrannisiere. Die Thesen der Holocaustleugner Henri Roques und Robert Faurisson seien „absolut wissenschaftlich.“[6]
Der Stern berichtet in seiner Onlineausgabe vom 27. Februar, Williamson habe sich in der Frage der Judenverfolgung im Dritten Reich von dem bekannten Holocaust-Leugner David Irving Rat geholt. Irving war im Jahr 2005 in Österreich wegen der Leugnung des Holocaust verurteilt worden.
Williamson war unter dem Druck der argentinischen Regierung vor wenigen Tagen aus Argentinien ausgereist und hält sich zurzeit in den Räumlichkeiten der Pius-Bruderschaft in Großbritannien auf. Williamson ist britischer Staatsbürger. Holocaustleugnung ist in Großbritannien kein Straftatbestand.

Donnerstag, Februar 12, 2009

Papst rehabilitierte weitere Rechtsextreme

Vatikanstadt, 12.02.2009 – Mit der Aufhebung der Exkommunikation des Holocaustleugners Williamson, Bischof der Piusbruderschaft, stieß der Vatikan innerhalb wie außerhalb der römisch-katholischen Kirche vielfach auf Kritik, Unverständnis und Empörung. Die Aufhebung der Exkommunikation ihrer Bischöfe war eine der Bedingungen, die die Bruderschaft stellte, um den Dialog mit dem Vatikan über ihre Annerkennung aufzunehmen. Die Bruderschaft erkennt das Zweite Vatikanische Konzil nicht an, in dem es unter anderem um die Akzeptanz der Menschenrechte und Fragen der Religionsfreiheit ging. Ob Papst Benedikt XVI. von der Piusbruderschaft die Anerkennung der Menschenrechte verlangt, ist fraglich, denn bereits 2006 gründete der ehemalige Piusbruder und bekannte Unterstützer der rechtsextremen Front National, Abt Philippe Laguérie, mit päpstlichem Segen eine eigene Bruderschaft, ohne sich zum II. Vatikanischen Konzil bekennen zu müssen. Dieser Vorgang ist noch prekärer, da Laguérie als katholischer Traditionalist die Kirche gar nicht spalten kann, da ihm dazu nach katholischem Verständnis die apostolische Sukzession fehlt.
Abt Laguérie, in Frankreich auch bereits als Piusbruder durch zahlreiche Medienauftritte bekannt, taufte ein Patenkind des rechtsextremem Politikers Le Pens. 1991 erklärte er zur Partei Le Pens: Die Front National sei die Partei, die am wenigsten weit „von dem Naturrecht“ entfernt sei. [1] 1987 hatte er bereits im französischem Fernsehen Äußerungen Le Pens zum Holocaust mit den Worten verteidigt, der Vorsitzende der Front National sei ein Opfer der „grande banque juive“, des jüdischen Finanzkapitals, das Frankreich seit 45 Jahren tyrannisieren würde. Die Thesen der Holocaustleugner Roques und Faurisson seien absolut wissenschaftlich. [2] Ferner hielt er 1996 ein Requiem für den verurteilten Kriegsverbrecher Paul Touvier, der zuvor von der Piusbruderschaft in einem Kloster in Nizza versteckt wurde. Touvier hatte im 2. Weltkrieg Juden hinrichten lassen, als Vergeltung für einen Anschlag des französischen Widerstands auf einen Minister der mit Nazideutschland kollaborierenden Vichy-Regierung. Laguérie erklärte sich zum Anwalt Touviers vor Gott. Vor dem Letzten Gericht gäbe es keine Medien, keine Inszenierungen, keine Nebenkläger und keine Organisationen gegen Rassismus und Antisemitismus. [3] [4] [5] [6]
2004 wurde Laguérie wegen seiner heftigen Kritik an Leitung und Dozenten des von der Piusbruderschaft in Écône betriebenen Priesterseminars aus der Bruderschaft ausgeschlossen, nachdem er zuvor eine dienstliche Versetzung nach Mexiko abgelehnt hatte.
2006 trat Laguérie mit einigen weiteren Ex-Mitgliedern der Priesterbruderschaft St. Pius X. in kirchliche Gemeinschaft mit Papst Benedikt XVI. und wurde von diesem zur Gründung und Leitung des „Institut du Bon Pasteur“ („Institut zum Guten Hirten“) ermächtigt. Die Gesellschaft des Apostolischen Lebens päpstlichen Rechts wurde durch die päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“ am 8. September 2006 auf zunächst fünf Jahre, ad experimentum, errichtet. Eine Ausweitung der Tätigkeit ist im Gange. Die Angehörigen des Instituts haben sich zur Treue gegenüber dem „unfehlbaren Lehramt der Kirche“, d. h. dem römischen Papst und den Ökumenischen Konzilien, verpflichtet, dürfen und wollen jedoch „ernsthafte und konstruktive Kritik“ an den Entscheidungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und deren Umsetzung vortragen. Damit verbleibt die Bruderschaft in der Tradition Lefebvres.
Es ist wahrscheinlich, dass der Papst über die Gesinnung Laguéries, Williamsons und der Priesterbruderschaft St. Pius X. informiert war, da er ja selbst an dem Prozess der Exkommunikation Lefebvres und der abtrünnigen Bischöfe der Bruderschaft beteiligt war. [7] Die Piusbruderschaft beruft sich auf ultramontane Lehren und hat in Frankreich von Anfang an mit der extremen Rechten sympathisiert.[8]
Marcel Lefebvre, der 1991 verstorbene Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X., schrieb am 31. August 1985 in einem Brief an Papst Johannes Paul II., die Feinde der Kirche seien Juden, Kommunisten und Freimaurer. [9] „Wegen des Abfalls vom Glauben, der in Rom herrscht, müssen wir mit ansehen, wie die Seelen in Massen der Hölle zustreben? Der Atheismus beruht auf der Erklärung der Menschenrechte. Die Staaten, die sich seither zu diesem offiziellen Atheismus bekennen, befinden sich in einem Zustand dauernder Todsünde“ predigte Lefebvre zu Allerheiligen 1990 im schweizerischen Ecône, dem Hauptsitz seiner Bruderschaft.[10] In den Jahren zuvor fiel er auch öffentlich durch Aussagen in Predigten auf, wonach die Militärjunta von Argentinien und die Diktatur in Chile unter Augusto Pinochet vorbildliche Regierungen seien. Lobende Worte fand er auch für die Diktatoren Franco, Salazar und Pétain. Marcel Lefebvre wurde durch reaktionäre Aristokraten, die sich die Monarchie zurück wünschen und aus autoritär-republikfeindlichen Kreisen des Großbürgertums finanziell unterstützt. [11]
Die Piusbruderschaft nahm mehrfach an Pilgerfahrten zum Grab des Nazi-Kollaborateurs Pétain teil, wobei 2007 der französische Distriktobere der Bruderschaft, Abbe Regis de Cacqueray, den „Kampf von Patin für Frankreich“ mit dem „Kampf des Lefebvres für die katholische Kirche“ verglich. [12][13]
Am 12. Mai 1982, während der Pilgerreise des Papst Johannes Paul II. in Portugal zum Dank, dass er das Attentat vom 13. Mai 1981 überlebt hatte, versuchte der ultrakonservative katholische Priester und Anhänger des französischen Bischofs Marcel Lefebvre, Joan Fernandez Krohn mit einem Bajonett ein weiteres Attentat auf den Papst zu verüben, konnte jedoch von dessen Leibwächtern überwältigt werden. Der Attentäter begründete sein Handeln mit der „Rettung“ der katholischen Kirche vor den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Selbst wenn Williamsons von der Holocaustlegung abrücken sollte, wie es der Vatikan inzwischen fordert, bleibt fraglich, ob sich der Piusbruder auch vom Antisemitismus distanziert. Wie Williamson distanziert sich auch die Piusbruderschaft nicht von Demokratiefeindlichkeit und Frauenunterdrückung. Die Suche nach Akzeptanz der Menschenrechte und Toleranz gegenüber Andersgläubigen verlief auch bei der deutschen Sektion der Piusbruderschaft bislang vergeblich. [14][15]
Die Motive des Papst bleiben im Unklaren. „Benedikt wusste, was er tat und mit wem er es zu tun hatte. Niemand im Vatikan kennt die Piusbruderschaft länger und wohl auch besser als er“, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Dienstag, Februar 10, 2009

Pius-Bruderschaft setzt Williamson wegen Holocaustleugnung als Seminarleiter ab

Buenos Aires (Argentinien), 10.02.2009 – Nach den Turbulenzen um die Äußerungen des britischen Bischofs Richard Williamson von der Priesterbruderschaft St. Pius X. gegenüber einem schwedischen Fernsehsender, in denen er den Holocaust relativiert und die Existenz von Gaskammern im „Dritten Reich“ bestritten hatte, zog die Pius-Bruderschaft nun Konsequenzen. Der Obere der Pius-Bruderschaft Argentiniens, Christian Bouchacourt, entzog dem umstrittenen Bischof die Leitung des Seminars der Priesterbruderschaft im argentinischen La Reja, wo Williamson tätig war. Laut der Homepage der Bruderschaft hat Williamson die Entscheidung zur Abberufung von der Leitung des Priesterseminars bereits am 31. Januar akzeptiert. Zur Begründung der Gemeinschaft erklärte die Bruderschaft, Williamsons Äußerungen zum Holocaust gäben „in keiner Weise die Position unserer Gemeinschaft wieder“.
Auch die deutsche Sektion der Piusbruderschaft zeigt sich inzwischen besorgt wegen Vorwürfen, die Bruderschaft vertrete antisemitische Positionen. Auf ihrer Homepage veröffentlichte die Bruderschaft eine Erklärung ihres Distriktoberen, Pater Franz Schmidberger, in der er sich vom Antisemitismus distanziert. Der Vorwurf des Antisemitismus verband sich vor allem mit dem Stichwort des Gottesmordes, den die Priesterbruderschaft gegenüber den Juden erhebt, weil diese die Kreuzigung Jesu Christi zuließen. Schmidberger schränkt den Vorwurf des Gottesmordes jedoch lediglich ein: „Die Aussage, die heutigen Juden trügen die Schuld ihrer Väter, muss auf jene Juden eingeschränkt werden, welche die Tötung Jesu Christi gutheißen. Ob heutige Juden dies tun, entzieht sich meiner Kenntnis.“ Vom Antisemitismus distanziert sich Schmidberger dann mit den Worten: „Unser Herr Jesus Christus ist seiner menschlichen Natur nach Jude, seine hochheilige Mutter ist Jüdin, alle Apostel sind Juden. Schon deshalb kann kein aufrechter Christ Antisemit sein.“

Samstag, Februar 07, 2009

Williamson-Rehabilitierung stürzt die römisch-katholische Kirche in eine Krise: „Die Austrittswelle hat bereits eingesetzt“

Passau (Deutschland), 07.02.2009 – „Die Austrittswelle hat bereits eingesetzt“, das sagte der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, Pater Eberhard von Gemmingen, gegenüber der Passauer Neuen Presse zur Situation der katholischen Kirche in Deutschland nach der Rehabilitierung des Pius-Bruders Richard Williamson durch Papst Benedikt XVI.. Das Vertrauensverhältnis zwischen den deutschen Katholiken und dem Papst sei „ein wenig lädiert“.
Der Spiegel berichtete, dass allein im Bereich des Amtsgerichts Krefeld bereits 72 Katholiken ihren Austritt erklärt hätten. Pater von Gemmingen hofft auf den geplanten Besuch des Papstes in Deutschland. Möglicherweise könne der Besuch dazu beitragen, dass das Verhältnis der deutschen Katholiken zu ihrem Papst wieder besser werde. Es schmerze ihn, wenn „viele Menschen Rom und den Papst nicht mehr verstehen“.
Der durch seine den Völkermord an den Juden in der Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland anzweifelnden Aussagen in die Schlagzeilen geratene Bischof Williamson hat sich nun erstmals zu dem Vorgang geäußert, der die katholische Kirche in eine Krise gestürzt hat. Gegenüber dem „Spiegel“ sagte er, er werde seine den Holocaust leugnenden Äußerungen vorerst nicht zurücknehmen. Zunächst wolle er die historischen Beweise prüfen: „Und wenn ich diese Beweise finde, dann werde ich mich korrigieren. Aber das wird Zeit brauchen.“ Kritisch äußerte sich der Bischof auch zur Frage der Menschenrechte: „Wo die Menschenrechte als eine objektive Ordnung verstanden werden, die der Staat durchsetzen soll, da kommt es immer zu einer antichristlichen Politik.“ Auch ein Bekenntnis zu den Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils will Williamson nicht ablegen. Dieses habe zu einem „theologischen Chaos“ geführt. Das Konzil (1962 bis 1965) hatte die Grundlage für den interkonfessionellen Dialog zwischen der katholischen Kirche und anderen christlichen Kirchen gelegt.
Vor zwei Tagen wurde außerdem bekannt, dass die Pius-Bruderschaft gegenüber dem Oberhaupt der katholischen Kirche offenbar nicht zu Zugeständnissen bereit ist. Die Bruderschaft kündigte für Ende Juni erneut eine Priesterweihe an, obwohl der Bruderschaft die Spende kirchlicher Sakramente und die Durchführung liturgischer Handlungen vom Papst ausdrücklich untersagt wurde.
Unter katholischen Theologen wird unterdessen die Frage diskutiert, ob es möglich ist, dass der Papst den Holocaust-Leugner Williamson erneut exkommuniziert. Im Kölner Stadt-Anzeiger kommen die Kirchenrechtler Stephan Haering (München) und Peter Krämer (Trier) zu dem Schluss, dass eine solche Entscheidung des Papstes durchaus im Bereich des Zulässigen liege. Bei der Holocaust-Leugnung handele es sich zwar nicht um einen Glaubensgrundsatz der katholischen Kirche, dennoch habe der Papst wie auch jeder Bischof die Pflicht „zu ethischen oder sozialen Fragen Stellung zu nehmen und einzuschreiten, wenn aus dem Raum der Kirche die Würde des Menschen verletzt wird“. Die Leugnung des Holocaust sei ein solcher Fall, dahinter stecke ja auch „eine menschenverachtende Ideologie“ erklärte Krämer.
Zur Stellung der Pius-Brüderschaft im Kontext der religiösen Strömungen, die im weitesten Sinne der katholischen Religion zuzuordnen sind, zitiert Radio Vatikan den Theologen Jozef Niewiadomski. Er ist Professor für Dogmatik und Dekan der Katholischen Fakultät an der Universität Innsbruck: „Ich würde schon sagen, dass es in der Pius-Bruderschaft immer noch die Ideen gibt, die moderne Prinzipien wie Menschenrechte, wie Toleranz, wie Achtung vor jedem anderen Menschen – auch anderen Religionen – ablehnen, und den extremen Antisemitismus. In den letzten Jahren hat man immer wieder einzelne Mitglieder der Pius-Bruderschaft auch im Kontext von rechtsgerichteten politischen Gruppierungen gesehen, etwa bei Le Pen.“ Trotzdem wollte er die Pius-Bruderschaft nicht unter einen generellen rechtsextremen Generalverdacht stellen.
Gerade erst hat die italienische Sektion der Pius-Bruderschaft einen Priester aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Es handelt sich um Floriano Abrahamowicz, der Bischof Williamson in Schutz genommen haben soll und auch die holocaust-leugnenden Aussagen Williamsons unterstützte, berichtet heute die Netzeitung, die sich auf italienische Nachrichtenagenturen beruft. Die Ansichten Abrahamowiczs entsprächen nicht der offiziellen Haltung der Bruderschaft, heißt es in einer Presseerklärung der Bruderschaft.

Mittwoch, Februar 04, 2009

Vatikan fordert Entschuldigung von Williamson wegen Holocaust-Leugnung

Vatikanstadt, 04.02.2009 – Der Vatikan reagierte heute auf die Kritik an der Entscheidung, die Exkommunikation des britischen Bischofs Richard Williamson aufzuheben mit der Forderung an den der Priesterbruderschaft St. Pius X. angehörenden Bischof, sich von seinen Äußerungen, in denen er den Holocaust in Frage gestellt hatte, „eindeutig und öffentlich“ zu distanzieren. Andernfalls könne Richardson seine „bischöflichen Funktionen innerhalb der Kirche“ nicht zurück erhalten. Richardson hatte in einem Interview unter anderem die Existenz von Gaskammern zur Judenvernichtung in deutschen Konzentrationslagern bestritten. Die Aufhebung der Exkommunikation des Priesters durch den Vatikan war von bedeutenden Teilen der internationalen Öffentlichkeit mit deutlicher Kritik, teilweise Entsetzen aufgenommen worden. Zuletzt hatte sich sogar die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in die öffentliche Debatte eingeschaltet und den Papst öffentlich zu einer Klarstellung aufgefordert. Merkels Erklärung wurde heute vom Vatikan zurückgewiesen. Der Pressesprecher des Vatikan, Federico Lombardi, erklärte am Dienstag, die Haltung des Papstes zum Völkermord an den Juden „könnte klarer nicht sein“. Die Merkel-Äußerungen hatten auch in Deutschland zum Teil Widerspruch ausgelöst. Der Europaparlamentarier Bernd Posselt (CSU) forderte Merkel dazu auf, sich nicht als „Lehrmeisterin des Papstes“ aufzuspielen. Der Freiburger Theologie-Professor Hubert Windisch warf der Bundeskanzlerin Amtsmissbrauch vor. Ihre Kritik am Papst sei durch „Arroganz“ und „Ignoranz“ gekennzeichnet: „Weiß sie denn nicht, wie oft und wie deutlich der Papst zum Holocaust Stellung genommen hat?“, fragt der Theologe. Nach ihrer Einlassung sei die Kanzlerin für Katholiken nicht mehr wählbar, erklärte Windisch weiter. Unterstützung bekam Merkel von der ehemaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) und von ihrem sozialdemokratischen Koalitionspartner. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering nannte die Entscheidung des Papstes einen „historischen Fehler“. Er sagte weiterhin gegenüber der Berliner Zeitung: „Ich halte die Rehabilitierung eines Bischofs, der den Holocaust leugnet, für inakzeptabel.“
Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßt zwar die Erklärung des Vatikan von heute als „Schritt in die richtige Richtung“, die Erklärung gehe jedoch nicht weit genug. Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Lala Süskind, wurde noch deutlicher. Sie fordert die Rücknahme der päpstlichen Entscheidung: „Es gibt nur eins: Dieser Mann muss aus der katholischen Kirche raus.“ Der TV-Moderator und ehemalige Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman griff den Papst persönlich an. Dieser sei ein „Lügner und ein Heuchler“, wenn er einerseits erkläre, er wolle den Dialog mit dem Judentum führen und andererseits solche Holocaust-Leugner wie Williamson „mit offenen Armen aufnimmt“.
Auch von katholischen Bischöfen wird weiterhin öffentlich Kritik an der Entscheidung des Vatikan geübt, Williamsons Exkommunizierung aufzuheben. Der Münchner Bischof Reinhard Marx sagte: „Wer den Holocaust leugnet, hat keinen Platz in der katholischen Kirche.“