Montag, Dezember 13, 2004

Höchstes Gericht Frankreichs untersagt die Ausstrahlung des Hisbollah-Senders Al-Manar

Paris (Frankreich), 13.12.2004 – Der französische Staatsrat, das höchste Gericht Frankreichs, hat am Montag entschieden, dass der von der libanesischen Schiitenmiliz Hissbollah betriebene Fersehsender Al Manar (der Leuchturm) innerhalb von 48 Stunden die Ausstrahlung seines Programms in Frankreich stoppen muss.
Der Sender wurde vom französischen Sattelitenbetreiber Eutelsat ausgestrahlt, und war in ganz Europa zu empfangen.
Gründe für das Verbot des inzwischen fünftgrößten arabischsprachigen Fernsehsenders sind die Verbreitung antisemitischer Propaganda, sowie Aufrufe zu Hass und Gewalt.Um das Verbot des Senders hatte die Medienaufsichtsbehörde CSA gebeten. Frankreichs Premierminister Jean-Pierre Raffarin machte sich ebenfalls für den Entzug der Sendelizenz von Al Manar stark.

Mittwoch, Dezember 08, 2004

Antisemitismuskonferenz 2004

Rede von Dr. Scharioth, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, anläßlich der Öffentlichen Anhörung des Bundestags zur Umsetzung der Abschlusserklärung der Berliner Antisemitismuskonferenz,

Berlin, 22.11.2004

Ihrer Einladung zu dieser parlamentarischen Anhörung zumThema Antisemitismus bin ich sehr gerne gefolgt. Dieses Thema liegt Parlament wie Bundesregierung gleichermassen am Herzen. Und es ist gut, dass Sie die Berliner OSZE-Antisemitismuskonferenz und ihre Erklärung kritisch auf Umsetzung, Desiderata undweitere Perspektiven überprüfen wollen. Denn auf die Implementierung kommt es an.

Für uns war immer klar, dass dieBerliner Konferenz Teil eines Prozesses ist. Sie hat fortgesetzt,was bei der ersten OSZE-Antisemitismuskonferenz in Wien 2003 begonnen worden ist. Wir müssen jetzt unser Augenmerk darauflegen, wie wir diesen Prozess weiter vorantreiben können. Ich möchte zunächst die Antisemitismuskonferenz und das Abschlussdokument kurz bewerten und dann ein Wort dazu, wie es weiter geht bei der Umsetzung der Berliner Erklärung. Politisch ging es darum, mit der Berliner Konferenz ein weithin sichtbares Zeichen zu setzen, dass die 55 Teilnehmerstaaten der OSZE die Sorge der Juden und Israels um den Anstieg des Antisemitismus ernst nehmen.
Bei dieser bislang größten Konferenz im AA haben 900 namhafte Persönlichkeiten, Politiker, Wissenschaftler und Experten, aus über 60 Staaten undvon 150 NGOs das Problem des Antisemitismus sowie Maßnahmen zuseiner Bekämpfung eingehend erörtert.

Der gewählte Ansatz war weit: Er umfasste neben gesetzgeberischen Maßnahmen die Rolleder Zivilgesellschaft, der Medien einschließlich des Internets und des Erziehungswesens.

Die Berliner Konferenz hat etwas zustande gebracht, was beider Wiener Vorläuferkonferenz noch nicht möglich war: DieVerabschiedung eines Schlussdokumentes im Konsens. In dem Dokument mögen viele Unebenheiten sein; und man mag es sich umfassender oder präziser wünschen.
Aber: Lange stand dahin, obes überhaupt ein Dokument geben würde. Den Konsens zu schaffenwar schwer. Dass er zustande kam, haben wir als einen großen Erfolg betrachtet.

Politisch hat die OSZE mit einereindeutigen Verurteilung des Antisemitismus von ihrer politischenNormsetzungskompetenz Gebrauch gemacht. Sie hat im OSZE-Raum eine politisch verbindliche Anspruchsgrundlage zur Ächtung des Antisemitismus geschaffen.

Antisemitismus ist - so die Berliner Erklärung - eine Bedrohung der menschlichen Grundwerte, der Demokratie und damit auch der Sicherheit im OSZE-Raum.

Außerdem hat die Erklärung die Teilnehmerstaaten darauf festgelegt, dass internationale Streitfragen, einschließlich solcher in Israel und im Nahen Osten, niemals Antisemitismus rechtfertigen können.

Um es ganz klar zu sagen und um Missverständnisse von vornherein auszuräumen: Kritik auch gegenüber Israel und israelischer Politik ist, wie gegenüber jedem anderen Staat, selbstverständlich legitim.
Aber: Wir dürfen und werden nicht zulassen, dass antisemitische Einstellungen als Kritik an israelischer Politik ausgegeben und damit quasi legitimiert werden.

Lassen Sie mich jetzt zu den konkreten Schritten für die Bekämpfung des Antisemitismus kommen, die in Berlin beschlossen worden sind.

Man kann sie in zwei Gruppen unterteilen.

Die erste umfasst weitreichende Selbstverpflichtungen der OSZE-Teilnehmerstaaten, von der Toleranzerziehung und Integrationspolitik bis hin zur statistischen Erfassung und Strafverfolgung antisemitischer Übergriffe.

Die zweite enthält operative Aufträge an die Menschrechtsinstitution der OSZE, ODIHR. Zu ihnen zählt die systematische Erfassung antisemitischer Übergriffe im OSZE-Raum und die Zusammenstellung bewährter Maßnahmen (sog. "best practices") zu ihrerBekämpfung.

Ich komme nun zur wesentliche Frage: Wir müssen jetzt vorallem darauf sehen, dass das in Berlin Vereinbarte auch imgesamten OSZE-Raum umgesetzt wird.

Ich will drei Punkte herausgreifen:

Grundlage aller Bemühungen muss zunächst eine zuverlässige Übersicht über antisemitische Übergriffe sein.
Nur auf dieserGrundlage können wir die Probleme identifizieren und ihnen mitgezielten Maßnahmen begegnen. Hierzu ist vor allem ODIHR gefordert, einen entsprechenden methodischen Ansatz zu entwickeln.

Der zweite Punkt sind Programme zur Toleranzerziehung: ein Eckpfeiler jeder Konfliktpävention.
Was wir benötigen sind Lehrpläne und Fortbildungsprogramme, die sich mit Antisemitismus und dem Holocaust auseinandersetzen. Dazu gehören natürlich auch Maßnahmen, die den offenen, vorurteilslosen Dialog aufallen Ebenen der Gesellschaft fördern.

Mein dritter und wohl wichtigster Punkt: All dies kann nicht umgesetzt werden ohne entsprechende Strukturen.
Dreh- und Angelpunkt unserer Bemühungen ist daher der Aufbau einer neuen Einheit bei ODIHR, der Tolerance and Non-Discrimination Unit.
Diese Einheit wird für die operative Umsetzung der Ergebnisseder Berliner Konferenz und ihrer Brüsseler Schwesterkonferenz zu Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung verantwortlich sein.
Wir haben diese Einheit von Anbeginn durch die Sekundierung einer Expertin vom Antisemitismuszentrum der TU Berlin unterstützt und weitere personelle und finanzielle Unterstützung angeboten.
Es wird nunmehr darauf ankommen, dass in den laufenden OSZE-Haushaltsverhandlungen die erforderlichen Ressourcen bewilligt werden. Die Bundesregierung setzt sich hierfür mit Nachdruck ein.

Gerade habe ich von Strukturen gesprochen: Diese müssen auch öffentlich sichtbar sein. Wir brauchen eine Persönlichkeit, die unserem Engagement im OSZE-Rahmen Stimme und Gesicht verleiht. Sie muss die Arbeit von ODIHR - gerader in der Aufbauphase- politisch begleiten und, wenn nötig, auch für Dynamik sorgen. Wir haben uns deswegen mit unseren amerikanischen und französischen Freunden dafür eingesetzt, dass ein Sonderbeauftragter des OSZE-Vorsitzes für den Kampf gegen den Antisemitismus ernannt wird.
Dies war nicht ohne weiteres in der OSZE durchsetzbar. Eine entsprechende Resolution der OSZE-PV in Edinburgh, die wir einer Initiative der deutschen Delegation verdanken, hat den Weg vorbereitet.
Erst nach schwierigen, langwierigen Verhandlungen ist es in Wien gelungen, einen Konsens zu finden. Ihm zufolge sollen - als Audruck des umfassenden Engagements der OSZE im Kampf gegen Intoleranz - drei Sonderbeauftragte zu a) Antisemitismus, b) zu Rassismus und c) zur Diskriminierung von Muslimen ernannt werden.
Eine entsprechende förmliche Entscheidung bleibt dem Ministerrat derOSZE in Sofia am 06./07.12.2004 vorbehalten.

Auch über Sofia hinaus ist der weitere Weg bereits vorgezeichnet: Spanien wird2005 zu einer OSZE-Konferenz in Cordoba zum Thema Toleranz einladen, in deren Mittelpunkt die Umsetzung der Beschlüsse der Konferenz von Berlin und Brüssel stehen wird.

Abschließend möchte ich sagen:

Wir sehen die Berliner Konferenz und unsere Bemühungen im OSZE-Rahmen als Teil eines großen Ganzen. Mit der Berliner Erklärung hat sich die OSZE politisch verpflichtet, zu einer öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus beizutragen und geeignete Maßnahmen zuseiner Bekämpfung zu ergreifen. Die Berliner Erklärung ist mithin die erste und eingehendste Festlegung der OSZE, einer Regionalorganisation der Vereinten Nationen mit immerhin 55 Teilnehmerstaaten, auf dem Weg zur Ächtung des Antisemitismus. Dies darf nicht nur ein Bekenntnis innerhalb des OSZE-Raums bleiben.

Wir setzen uns daher dafür ein, dass auch in den einschlägigen Resolutionen der VN Bezüge auf die Konferenz und auf die Berliner Erklärung aufgenommen werden. Das ist angesichts unterschiedlicher Interessenslagen in den VN ein ungleich schwierigeres Unterfangen als in der OSZE. Gleichwohl wollen wir hier durch beharrliche und kontinuierliche Überzeugungsarbeit allmählich den Boden bereiten.

Die jüdischen Gemeinden auch außerhalb des OSZE-Raumes sollen wissen, dass ihre Sorge um Sicherheit und Zukunft unsere gemeinsame Sorge ist - und eine Grundsatzfrage unserer Demokratien.

erschienen: Montag 22.11.04

Montag, November 22, 2004

BGH zur Holocaustverharmlosung

Bundesgerichtshof hebt Freispruch vom Vorwurf
der Volksverhetzung auf
Nr. 153/2004

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat den Freispruch eines 67jährigen Maschinenbauingenieurs vom Vorwurf der Volksverhetzung durch das Landgericht Erfurt auf die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben.
Dem Angeklagten lag zur Last, eine Schrift verbreitet zu haben, in der die Tötung von Juden in Auschwitz verharmlost worden sei. Bei dieser Schrift handelte es sich um den vom Angeklagten erstellten schriftlichen Rechenschaftsbericht, den er als Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen in Thüringen auf einer nicht öffentlichen Verbandssitzung am 9. November 2001, zu der nur Delegierte und geladene Pressevertreter Zutritt hatten, mündlich erstattete. Der Rechenschaftsbericht, der den deutlich sichtbaren Vermerk trug: "Sperrfrist: 09.11.2001, 9.30 Uhr. Es gilt das gesprochene Wort!", wurde für Pressevertreter in fünf Pressemappen bereitgehalten. Den Delegierten wurde der schriftliche Rechenschaftsbericht nicht ausgehändigt.
Der Bericht enthielt unter anderem folgende Passage:
"Noch verhindern die Wolken einer bewusst betriebenen einseitigen Kollektivschuldzuweisung gegenüber unserem Volke den klaren Blick zur Beurteilung der Verbrechen in der jüngeren europäischen Geschichte und über die Kriegsschuld an den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts. Dies wird sich bald verändern, da die Lügen über Katyn, über Jebawke (richtig Jedwabne), über die Opfer in Auschwitz und anderes nicht mehr länger zu halten sind."
Vor den Delegierten trug der Angeklagte den Bericht davon abweichend wie folgt vor:
"Noch verhindern die Wolken einer bewusst betriebenen einseitigen Kollektivschuldzuweisung gegenüber unserem Volke den klaren Blick zur Beurteilung der Verbrechen in der jüngeren europäischen Geschichte und über die Kriegsschuld in den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts. Dies wird sich bald verändern, da die Lügen über Katyn, Jedwabne und die Aussagen über die Opfer in Auschwitz und anderes nicht mehr länger zu halten sind. In Auschwitz gab es offensichtlich keine 6 Millionen Opfer, sondern, wie ich in Polen erfahren habe, sind 930.000 nachgewiesen. Dabei geht es nicht um die Relativierung des Verbrechens, sondern um die geschichtliche Wahrheit. Sie kennen meine Einstellung, dass jedes Opfer eines Verbrechens zu viel ist."
Während des Vortrags, zu dem etwa 15 Journalisten erwartet worden waren, war lediglich ein Vertreter der Thüringer Allgemeinen Zeitung anwesend, der über die Rede später einen kritischen Zeitungsartikel verfaßte. Ein weiterer Journalist, der verspätet eingetroffen war und ebenfalls die Pressemappe erhalten hatte, sah im Hinblick auf den Sperrvermerk von einer Berichterstattung ab.
Das Landgericht hat nach Meinung des Bundesgerichtshofs rechtlich vertretbar ein Vergehen der Volksverhetzung in der Tatmodalität eines "Verbrechens" durch Verteilung der Presseerklärung verneint. Ein "Verbreiten" setzt voraus, daß die Schrift ihrer Substanz nach und nicht nur ihr geistiger Inhalt einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird, der für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist. Die Weitergabe an zwei Pressevertreter genügte dafür nicht.
Zur Aufhebung des Urteils führte jedoch die unterlassene Überprüfung des Geschehens unter dem Gesichtspunkt anderer Tatbestandsalternativen des § 130 StGB. Nach den bisherigen Feststellungen könnten die mündlichen Äußerungen des Angeklagten ein bewußtes Infragestellen der Opferzahlen von Auschwitz darstellen und damit die Alternative "in einer Versammlung verharmlosen" im Rahmen von § 130 Abs. 3 StGB erfüllen. Die Strafkammer hat nach Ansicht des 2. Strafsenats auch zu Unrecht ein "Zugänglichmachen" (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) StGB verneint, weil es am Merkmal der Öffentlichkeit) fehle: denn die Pressevertreter waren ein Teil der Öffentlichkeit im Sinne dieser Regelung. Auch hat die Strafkammer es unterlassen, zu prüfen, ob im Hinblick auf die Bereitstellung der Pressemappen nicht die Tatmodalität "vorrätig halten" zum Zwecke der Verbreitung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d) StGB) vorliegt. Eine solche Prüfung hätte nach den bisherigen Feststellungen nahegelegen.
Der 2. Strafsenat hat daher das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Erfurt zurückverwiesen.

Urteil vom 22. Dezember 2004 - 2 StR 365/04
Karlsruhe, den 22. Dezember 2004

Dienstag, Oktober 19, 2004

projekt-info

www.antisemitismus.de ist Teil der www.initiative-dialog.de

Dieser Blog soll zentrale Dokumente für die redaktionelle Arbeit sammeln.

Diskussionsangebote

Wer "ein Problem mit Juden" hat,
kann es mit uns zu lösen probieren.

Schon solch Angebot klingt zwar bizarr, aber so bizarr geht es halt auch vielfach zu
in den Köpfen. Und wenn es in unseren Foren nicht klappt, dann sollten es die Dusselköpfe anderswo und so lange probieren, bis sie verstehen, dass der Preis für die Dummheit in der Geschichte zu hoch gewesen ist, um solche Dummheit zu tolerieren.

zunächst also > www.diskussionen.de

Onlinewoche
Google News
Antisem-Themen
DISKUSSIONEN
Minderheitenrat
Impressum
Initiative-Dialog